Reisekostenregelungen, Geschäftswagenvereinbarungen, Überstundenregelungen, Checklisten, Prozessvorgaben… unsere Welt ist voller Regeln.
Aber was soll daran schlecht sein? Per se einmal gar nichts.
Das Problem liegt – wie so oft – im Zuviel des Guten.
Ein „Stop-Schild“ an einer Strassenkreuzung kann durchaus sinnvoll sein – ein ganzer „Schilder-Wald“ eher verwirrend.
Regeln…
Die Natur einer Regel liegt darin, dass sie uns sagt, was in einer Situation konkret zu tun ist. „Wenn die Ampel rot ist, dann haben Sie anzuhalten.“ Sie reduziert dadurch die Komplexität einer Situation, dass die Regel mir das Denken und die Verantwortung über eine Entscheidung abnimmt. Denn bei Regeln muß ich keine Entscheidung treffen – ich muss nur die Regel ausführen.
Das funktioniert prima, solange wir uns in einfachen oder komplizierten Kontexten bewegen, in Situationen, in denen wir Wissen darüber haben, wie das Problem am besten zu lösen ist wie z.B. eine Vorfahrtssituation im Straßenverkehr. Hier sorgen Regeln dafür , dass ein bestimmtes Ziel wie Sicherheit oder ein funktionierender Verkehrsfluss erreicht wird.
In Unternehmen führen wir meist dann Regeln ein, wenn etwas Unerwünschtes passiert ist oder wir befürchten, dass es etwas passieren könnte, z.B. dass bei Geschäftsreisen zu hohe Reisekosten verursacht werden.
Dazu könnte eine Regel lauten:
„Bei Geschäftsreisen darf eine Hotelübernachtung maximal € 90.- kosten.„
Eine durchaus sinnvolle Regel, die in neun von zehn Fällen auch funktioniert. Doch irgendwann kommt der 10. Fall: Es gibt in unmittelbarer Nähe zum Kundentermin keine Hotelzimmer unter € 90.- mehr. Der Vertriebler muss auf ein entferntes Hotel ausweichen und produziert durch die notwendige Taxifahrt Mehrkosten von € 50,-.
Regel eingehalten – Ziel verfehlt.
Die übliche Strategie ist nun, die Regel auszuweiten und nachzuschärfen, um auch Sonderfälle zu berücksichtigen.
„Bei Geschäftsreisen darf eine Hotelübernachtung maximal € 90.- kosten, es sei denn, die Anfahrt zum Kunden ….„
Und der Regelungswahnsinn nimmt seinen Lauf…
Diesen Beitrag als Podcast hören:
Prinzipien…
Prinzipien hingegen „ticken“ anders: Während Regeln wie z.B.“Der Bohrkopf muss stündlich geschärft werden“ eigenständiges Denken überflüssig machen schaffen Prinzipien wie z.B. „Ein gut funktionierender Bohrkopf muss scharf sein.“Raum fürs Mitdenken Prinzipien sagen, was sein muss, nachdem etwas getan wurde. Prinzipien erfordern immer eine situative Entscheidung und da man bei dieser Entscheidung auch irren kann, erzeugen Prinzipien Verantwortung.
Beispiele für Prinzipien:
- Wir reisen sparsam.
- Unsere Kunden fühlen sich bei uns stets freundlich behandelt.
Der grosse Vorteil von Prinzipien ist, dass sie situationsunabhängig und universell sind, also auch in neuen und noch unbekannten Situationen funktionieren und damit eine neue Art von Sicherheit bieten.
Auf den Punkt gebracht:
- In stabilen Kontexten sind Regeln sinnvoll, denn sie bieten aufgrund ihrer klaren Handlungsanweisung Sicherheit.
- In dynamischen, sich häufig verändernden Kontexten sind Prinzipien weitaus leistungsfähiger als Regeln.
- Führt die Anwendung einer Regel, dazu dass das eigentliche Ziel für die Einführung der Regel nicht erreicht wird, dann besteht die Gefahr von Demotivation und Frust.
Fragen, die Sie sich stellen können:
- Welche Regeln existieren in unserem Unternehmen?
- Welche Regeln sind schriftlich fixiert welche werden im Arbeitsalltag gelebt?
- Wie beurteilen Sie die Menge Ihrer unternehmensinternen Regelungen? zu wenig – genau richtig – zu viel?
- Welche der Regeln helfen wem, besser seinen Arbeitsalltag zu meistern?
- Welche Regeln stehen wem bei was genau im Weg?
- Welche Regeln dienen nicht der eigentlichen Wertschöpfung?
- Welche Regeln werden überhaupt auf ihre Einhaltung kontrolliert? Steht dieser Kontrollaufwand in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen der Regel?
- Welche Regeln könnten Sie durch welche Prinzipien ersetzen?