[Episode 2 aus der Serie: Begriffe aus der Neuen Wirtschaft] Heute: Die Taylor-Wanne, die blaue und die rote Welt

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[An diesem Artikel schreiben und feilen wir gerade…. er kann sich also noch ändern]

Der Artikel in Kürze:

In den letzten Jahren haben sich die ökonomischen Spielregeln so verändert wie das letzte Mal vor 100 Jahren. Um diesen Wandel besser zu verstehen, eignet sich das Modell der sog. „Taylor-Wanne“. Dieses Modell von Gerhard Wohland beschreibt trefflich zwei enorme Veränderungsphasen in unserer Wirtschaftswelt. Es bietet uns darüberhinaus auch einige recht pragmatische Ansätze, wie wir als Unternehmen auf die VUCA-Welt adäquat reagieren können.

bis ca. 1900 – die rote Welt der Manufaktur

Bis ca. 1900 hatten die meisten Märkte auf Grund hoher Transportkosten nur eine begrenzte Reichweite. Denken Sie an einen kleinen klassischen Handwerksbetrieb mit einem Meister, einigen Gesellen und Lehrlingen. Der Markt dieses Betriebes war lokal, Kunden akquirierte man durch Mund-zu-Mund Propaganda höchstens noch zwei Dörfer weiter. Es wurden meist Auftragsarbeiten in Form von Einzelanfertigungen erledigt. Wir sprechen hier von einer „Wertschöpfung der Ausnahme“. Man war in seinem kleinen Markt eng vernetzt, flexibel, kundenorientiert und auch innovativ, da jeder Auftrag irgendwie einzigartig war.
Schon zu Zeiten der Manufakturen gab es also schon Fertigung mit relativ hoher Komplexität. Der Physiker und Management-Vordenker Gerhard Wohland spricht hier von einer „roten Welt“, als Metapher für Lebendigkeit, wenn Sie so wollen für eine Art „Agilität 1.0“

um ca. 1900 – Übergang in die blaue Welt der Industrialisierung

Mit dem exponentiellen Ausbau der Eisenbahn- und Strassennetze sanken die Transportkosten und binnen weniger Jahre war der Zugang zu einem neuen Massenmarkt mit einer enormen Kaufkraft entstanden. Konkurrenten störten kaum noch, da man ihnen auf diesen neuen Verkäufermärkten einfach ausweichen konnte.

Kleine Handwerksbetriebe wuchsen zu Unternehmen. Doch man stellte schnell fest, dass die Organisationsstrukturen der bisherigen Manufaktur (Kommunikation über die Werkbank, jeder macht gerade das, was anfiel usw.) auf ein Unternehmen mit 50, 100 oder 500 Arbeiter nicht passte.

Zudem wechselte der Fokus vieler Unternehmen – wie immer in hungrigen Verkäufermärkten – weg vom Kunden und hin zu der Optimierung der eigenen Abläufe, um die immense Nachfrage zu organisieren.
Da kam das „Scientific Management“ von Frederick Winslow Taylor genau richtig.

Frederick Winslow Taylor und sein „Scientific Management“

Frederick W. Taylor (1856-1915) wuchs in einer reichen Quäkerfamilie in Pennsylvania auf. Er begann 1874 eine Lehre als Werkzeugmacher und Maschinist und avancierte recht schnell zum Vorabeiter im Midvale Stahlwerk. Er absolvierte ein Ingenieustudium und wurde 1884 zum leitenden Ingenieur bei Midvale.

Vielleicht lag es daran, dass Taylor schon als Kind eine starke Neigung zum Analysieren und Experimentieren hatte. Auf alle Fälle begann er mit ersten Rationalisierungsmassnahmen bei Midvale, die leider nicht nur Erfolge zeigten, sondern auch Konflikte auf den Plan riefen, worauf sein Arbeitsvertrag nicht verlängert wurde. Taylor beschloss, fortan als Unternehmensberater zu arbeiten und entwickelte den theoretischen Hintergrund industrieller Massenfertigung – 1911 erschien sein Werk „The Principles of Scientific Management“.

Die 4 Prinzipien von Frederick W. Taylor

  1. Prinzip: Die Trennung von Kopf- und Handarbeit
    Um Arbeitsabläufe so rationell als möglich zu gestalten, sollte nach Taylor nur noch „oben“ in der Leitung gedacht und geplant werden und „unten“ an der Werkbank nur noch gemacht werden. Mitdenken war also nicht (mehr) gefragt oder sogar schädlich. Die Arbeiter sollten wie Maschinen funktionieren, da alle Arbeiten auf skalierbaren Ursache-Wirkungszusammenhängen beruhten.
    Henry Ford, der als einer der ersten Taylors Ansätze an seinen Fliessbändern umsetzte, soll einmal gesagt haben: „Ich wollte nur zwei Hände einstellen und bekam jedes Mal einen Kopf dazu.
  2. Prinzip: Anreize zur Arbeitsausführung
    Die Erreichung bzw. die Überschreitung des Arbeitspensums sollte nach Taylor mit (damals geringfügigen) Prämien belohnt werden.
  3. Prinzip: Arbeitsteilung
    Von eine rigide Arbeitsteilung, in der Aufgaben in kleine – selbst von ungelernten Arbeitern – durchführbare Schritte zerlegt wurden, versprach sich Taylor eine enormen Produktivitätszuwachs und eine nahezu vollständige Unabhängigkeit vom Können der Arbeiter.
  4. Selektion & Instruktion der Arbeiter
    Gezielte und systematische Personalauswahl „The right man in the right place“ und ein gezieltes Trainieren der Arbeitsschritte (siehe Prinzip 3) rundeten das Konzept ab.

Bei aller Kritik am sog. „Taylorismus“ (Entfremdung von der Arbeit, Zerlegung der Wertschöpfung in kleinste repetitive Arbeitsschritte usw.) wird es kaum abzustreiten sein, dass diese und ähnliche Konzepte wesentlich dazu beitrugen, den Übergang von der Einzelfertigung der Manufaktur in die erfolgreiche Massenfertigung des Industriezeitalters zu ermöglichen.

Und es funktionierte….

Und falls Sie nun in den Prinzipien von Taylor auch ein paar Praktiken in Ihrem Unternehmen wieder erkennen z.B. „Oben wird gedacht – unten wird gemacht“ oder Prämien und Boni-Systeme), dann ist das kein Zufall. Vieles von dem, was Taylor damals beschrieben hatte, funktionierte in immer wieder leicht abgewandelter Form Jahrzehnte recht gut – solange zwei Faktoren relativ stabil blieben:

Ein recht gutes Beispiel aus dieser Zeit ist die Schallplatte. Das Grammophon als Gerät zur Aufzeichnung und Wiedergabe von Tönen wurde 1887 von Emil Berliner erfunden. Die ersten Serienfertigungen kann man im Jahr 1892 ansetzen. Aus heutiger Sicht nahezu unfassbar: Im Grunde blieb die Schallplatte nahezu 100 Jahre unverändert bis Mitte der 1980 die CD erschien.

Tayloristische Strukturen waren und sind also nicht per se falsch. Ist die Marktdynamik niedrig, sind sie konkurrenzlos schnell und effizient. Aber: So ökonomisch erfolgreich wie tayloristisch geführte Organisationen in stabilen, sich kaum verändernden Märkten waren, eines sind sie nicht: Robust in hoch dynamischen Umgebungen.

Zurück in die Gegenwart

hier geht es die Tage weiter….

Quellen:

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Frederick_Winslow_Taylor
  • Grafik der Taylorwanne: Wohland/Wiemeyer: „Denkwerkzeuge der Höchstleister: Warum dynamikrobuste Unternehmen Marktdruck erzeugen.“, Unibuch Verlag

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